Heimische Waldbesitzer und Kaffeeröster klagen über Bürokratie / Brief an von der Leyen


Der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete und Spitzenkandidat für die Europawahl am 09. Juni Peter Liese will zusammen mit Kollegen aus dem Europäischen Parlament die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten entschlacken und die Umsetzung verschieben, damit bestehende Probleme, zum Beispiel beim Import von Kaffee oder der Bürokratie für heimische Waldbesitzer und Kaffeeröster gelöst werden können. Liese hat sich deshalb zusammen mit Kollegen in einem Brief an die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den Vizepräsidenten für Handel Valdis Dombrovskis und den Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius gewandt. Vor einigen Tagen hatte der Deutsche Kaffeeverband vor einem drohenden Kaffeemangel nach Umsetzung der Verordnung in 2025 und einer deutlichen Preissteigerung gewarnt. Bereits vorher hatten Waldbesitzer auch aus unserer Region über zu viel Bürokratie in der Umsetzung geklagt. Die Christdemokraten hatten ihre Bedenken bereits bei der der Erarbeitung der Verordnung im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments und im Plenum deutlich gemacht. Zum Beispiel haben sie schon damals einen längeren Zeitraum für die Umsetzung verlangt und mehr Flexibilität für die Anwender. Einzelne Länder, in denen nachweislich keine Entwaldung stattfindet, sollten als Länder ohne Risiko eingestuft werden. Dies hätte zum Beispiel eine riesige Erleichterung für die deutschen Waldbauern mit sich gebracht. In dem Brief fordern die Abgeordneten konkret:

1.) Die Umsetzung um zwei Jahre zu verschieben, d.h. vom 01.01.25 auf 01.01.27 und die notwendige technische Vorbereitung durchzuführen.

2.) Die sehr detaillierten technischen Anforderungen zu vereinfachen.

3.) Es sollten Gespräche mit Drittstaaten geführt werden, um deren Bedenken auszuräumen.

„Das Ziel, die Entwaldung weltweit zu stoppen, ist unbestritten. Wenn jede Minute eine Fläche von elf Fußballfelder abgeholzt wird und das zum Teil auch durch Importe bestimmter Produkte in die EU gefördert wird, dann müssen wir handeln. Wir sollten aber mehr Rücksicht auf Kleinbauern in den Entwicklungsländern und auf kleine Waldbesitzer in der Europäischen Union nehmen“, so Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der christdemokratischen EVP Fraktion.

Klaus Langen aus Medebach, Geschäftsführer der Langen Kaffee GmbH & Co. KG, sagte dazu: „Die Vorgaben aus der Europäischen Union sind unrealistisch und belasten die ohnehin schon von vielen Problemen geplagten Kaffeeproduzenten, von denen ich meinen Kaffee beziehe. Der Klimawandel verändert Erntezeiten und Erträge. Meinen Partnern, z.B. in Honduras, sind sich diesen Problemen also bewusst und tun auch etwas dagegen. Für den Anbau von Kaffee muss man sowieso Bäume pflanzen, um den Pflanzen Schatten zu geben. Die Produzenten haben kein Verständnis dafür, dass die EU sie mit diesen Forderungen nun zusätzlich überfrachtet.“

„Wir sollten alles tun, um die Umsetzung der EUDR für den Privatwald so einfach und unbürokratisch wie möglich zu gestalteten“, fordert Prof. Dr. Andreas Bitter, Waldbesitzer aus Finnentrop und Präsident der AGDW. Es sei daher dringend erforderlich, die bestehende Umsetzungsfrist um zwei Jahre zu verlängern und die Verordnung zu überarbeiten. Bitter weiter: „Wir fordern ein zweistufiges Verfahren unter Berücksichtigung des Länderbenchmarking-Prinzips: Falls auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten unter Beachtung der WTO-Statuten nachgewiesen wird, dass es in den vergangenen zehn Jahren nicht zu einer Entwaldung und Waldschädigung gemäß EUDR gekommen ist, sollte auf die Sorgfalts- und Dokumentationspflichten für die Marktteilnehmer (Waldbesitzer) verzichtet werden.“

Dr. Charlotte Heyl, Director Sustainability beim Deutschen Kaffeeverband e.V. erklärte: „Der Deutsche Kaffeeverband unterstützt das Ziel der EU Entwaldungsverordnung, den Wald global zu schützen. Derzeit fehlen uns jedoch dringend erforderliche Daten aus den Kaffeeanbauländern und ein praxistaugliches EUDR Informationssystem. Daher fordern wir die Verschiebung der Anwendung. Für eine effizientere Umsetzung fordern wir zudem zwei Entbürokratisierungsmaßnahmen: 1. ein einmaliges Due Diligence Statement in der Wertschöpfungskette und 2. die Möglichkeit die Flächen von mehreren Farmen gemeinsam zu erfassen.“


Hintergrund:

Die EU hat im Frühjahr 2024 neue Vorschriften zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung verabschiedet. In der Verordnung werden ab 30. Dezember 2024 verbindliche Sorgfaltspflichten für alle Marktteilnehmer und Händler festgelegt, die folgende Rohstoffe in der EU in Verkehr bringen, auf dem EU-Markt bereitstellen oder aus der EU ausführen: Palmöl, Rinder, Holz, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Soja. Die Vorschriften gelten auch für eine Reihe von Folgeerzeugnissen wie Schokolade, Möbel, Druckpapier und ausgewählte Derivate auf Palmölbasis (z. B. als Bestandteile von Körperpflegeprodukten). Die Marktteilnehmer müssen die Herkunft der Waren dabei bis auf das Grundstück zurückverfolgen. In der EU dürfen dann nur noch Produkte verkauft werden, die seit 2020 nicht von Entwaldung oder Waldschädigung betroffen waren. Bei der Implementierung des Gesetzes treten zahlreiche Probleme auf hinsichtlich des knappen Zeitrahmens für die Umsetzung, die zu hohen und detaillierten technischen Anforderungen und einer Verstimmung der Länder außerhalb der EU, die diese Produkte in die EU verkaufen. Die Europäischen Christdemokraten haben auf diese Probleme schon während der Verhandlungen hingewiesen. Eine EU Ampel-Mehrheit hat diese Regeln dennoch durchgebracht. 

 

Schätzungen zufolge sind zwischen 1990 und 2020 420 Millionen Hektar Wald (eine Fläche größer als die EU) durch Entwaldung verloren gegangen. Der EU-Verbrauch macht etwa 10 % der weltweiten Entwaldung aus. Palmöl und Soja sind für mehr als zwei Drittel davon verantwortlich.