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Seit wann gibt es die Europäische Union?

Den Anstoß zur Gründung einer europaweiten Union gab der französische Außenminister Robert Schuman in seiner berühmten Erklärung vom 9. Mai 1950. Doch erst am 25. März 1957 wurden die "Römischen Verträge" verabschiedet. Sie bilden die Grundlage für die spätere Europäische Gemeinschaft und bestehen aus der Gründung einer "Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft" (EWG) und einer "Europäischen Atomgemeinschaft" (EURATOM). Die Gründungsmitglieder waren Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande.

Mit Hilfe des "Vertrages über die Europäische Union" (sog. Vertrag von Maastricht) von 1992 werden schließlich die verschiedenen Gemeinschaften zur "Europäischen Union" zusammengeführt. Der EU wurde daneben eine Vielzahl an weiteren Kompetenzen verliehen, die eine enge wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ermöglichte. Durch den "Vertrag von Amsterdam" (1997) und den "Vertrag von Nizza" (2001) wurden die Befugnisse auf europäischer Ebene stetig erweitert. Der "Vertrag von Lissabon" ist der vorerst letzte Änderungsvertrag und trat am 1. Dezember 2009 in Kraft (https://european-union.europa.eu/principles-countries-history/principles-and-values/founding-agreements_de).

 

Wer entscheidet über den Beitritt eines neuen Landes?

Nicht jedes Land kann ohne weiteres der Europäischen Union beitreten. Jedes Land muss zunächst die "Kopenhagener Kriterien" erfüllen. Diese bestehen aus der Übernahme des bestehenden europäischen Rechts, politischen Voraussetzungen wie beispielsweise die Wahrung der Menschenrechte, und wirtschaftlicher Stärke, dem Wettbewerbsdruck im Binnenmarkt standzuhalten. Erst wenn die Kriterien erfüllt sind, stellt das Land einen Aufnahmeantrag an den Rat, der nach tiefgreifender Nachprüfung der jeweiligen Kriterien gegebenenfalls den Status eines offiziellen Beitrittskandidaten verleiht. Die Kommission untersucht laufend die politische und wirtschaftliche Lage und steht dem Bewerberland unterstützend zur Seite. Der Rat kann die Aufnahme des Beitrittskandidaten erst nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments beschließen. Seit dem Vertrag von Lissabon ist es den Ländern nun erstmals möglich aus der Europäischen Union auszutreten. Vorher gab es diese Chance nach einem Beitritt nicht.

 

Wie setzt sich das Europäische Parlament zusammen?

Das Parlament hat momentan 720 Angeordnete und davon 96 aus Deutschland und es gibt 8 Fraktionen sowie die Fraktionslosen (https://www.europarl.europa.eu/portal/de). Die CDU ist Teil der "Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP)", der größten Fraktion im Parlament. Die Präsidentin bzw. der Präsident wird für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren, also eine halbe Wahlperiode, gewählt und kann wiedergewählt werden.

 

Welche Kompetenzen hat das Europäische Parlament?

Entgegen der oftmals verbreiteten Meinung besitzt das Europäische Parlament vielfältige Aufgaben und Kompetenzen.

  • Haushaltsbefugnis: Zusammen mit dem Europäischen Rat kontrolliert und bestimmt das Parlament die Ausgaben und Einnahmen der EU
  • Kontrollbefugnis: Das Parlament ist befugt Untersuchungsausschüsse einzurichten und der Kommission das Misstrauen auszusprechen. Des Weiteren müssen Rat und Kommission dem Parlament für Fragestunden bereitstehen.
  • Legislativbefugnis: Zusammen mit dem Rat beschließt das Europäische Parlament Richtlinien und Verordnungen.

 

Warum tagt das Europäische Parlament sowohl in Straßburg als auch in Brüssel?

Neben dem Europaparlament sitzen der Rat und die Kommission ebenfalls in Brüssel. Aus diesem Grund tagen die Ausschüsse und Fraktionen in Brüssel. Auf diese Weise kann man schneller und direkter mit den beiden anderen Institutionen zusammenarbeiten. Der offizielle Sitz des Europaparlaments ist hingegen seit 1957 Straßburg. Dieser Ort wurde nicht ohne Grund gewählt. Straßburg besitzt einen hohen symbolischen Stellenwert, da er für die Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland steht. Doch in der heutigen Zeit muss sicherlich darüber diskutiert werden, ob zwei Parlamentssitze nach wie vor notwendig sind.

 

Wie setzt sich die Europäische Kommission zusammen?

Die 27 Kommissare aus den einzelnen EU-Mitgliedstaaten übernehmen die politische Leitung der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Präsident der Kommission überträgt jedem Kommissar die Verantwortung für einen bestimmten Politikbereich. Die derzeitige Präsidentin der Europäischen Kommission ist Ursula von der Leyen. Der Präsident wird vom Europäischen Rat ernannt. In Abstimmung mit dem amtierenden Präsidenten ernennt der Rat auch die anderen Kommissare. Die Ernennung der Kommissare und des Präsidenten bedarf der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Die amtierenden Kommissionsmitglieder sind dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig, und nur das Parlament ist befugt, die Kommissionsmitglieder zu entlassen. Die laufende Arbeit der Kommission wird von ihren Bediensteten ausgeführt. Dazu gehören u. a. Verwaltungsmitarbeiter, Rechtsanwälte, Wirtschaftswissenschaftler, Übersetzer, Dolmetscher und Sekretariatskräfte. Die Bediensteten sind in verschiedenen Abteilungen, den sogenannten Generaldirektionen (GD), tätig. Mit dem Begriff „Kommission“ können sowohl die 27 einzelnen Kommissare als auch die ständigen Bediensteten oder das Organ als Ganzes bezeichnet werden.

 

Was ist der Rat der Europäischen Union?

Im politischen System der EU übt der Rat zusammen mit  dem Parlament die Gesetzgebung der Europäischen Union aus. Der Rat setzt sich aus den Ministern der einzelnen Mitgliedsstaaten zusammen. Wenn der Rat zusammentrifft, kommen die jeweiligen Fachminister (z.B. die Umweltminister oder die Finanzminister) zusammen. Aus diesem Grund wird der Rat häufig "Ministerrat" genannt. Der Vorsitz im Rat wechselt halbjährlich zum ersten Januar bzw. Juli. Da der Ratsvorsitz mit einer "Organisationshoheit" verbunden ist, ist es von großer Bedeutung welches Land über den Ratsvorsitz verfügt, da verschiedene Länder in der Regel unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Im Jahr 2024 haben Belgien und Ungarn den Ratsvorsitz inne. Deutschland oblag der Ratsvorsitz das letzte Mal im Jahr 2020.

 

Was sind eine Richtlinie und eine Verordnung?

Richtlinien und Verordnungen sind Rechtsakte der Europäischen Union. Zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens macht die Kommission einen Gesetzesvorschlag. Beim folgenden Entscheidungsverfahren sind der Rat und das Parlament gleichberechtigt und beschließen gemeinsam. Ist eine Richtlinie verabschiedet muss sie in einer gewissen Frist in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei haben die Mitgliedsstaaten jedoch einen inhaltlichen Spielraum, um spezifischen nationalen Gegebenheiten entgegenzukommen. Bei einer Verordnung ist dies nicht der Fall. Sie ist in allen Teilen verbindlich und bietet keine nationalen Spielräume. Die Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, verabschiedete Richtlinien in geltendes Recht umzusetzen. Sollte sich ein Land dennoch weigern, kann dies mit Hilfe eines Vertragsverletzungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof trotzdem durchgesetzt werden. Dem Land droht dann außerdem eine empfindliche Geldstrafe.

 

Gibt es eine EU-Staatsbürgerschaft?

Einen allgemeinen EU-Personalausweis gibt es nicht. Dennoch sind wir alle "Staatsbürger der Europäischen Union". Uns sind die europaweite Freizügigkeit sowie die Niederlassungsfreiheit in Europa zugesichert. Sollte ein Unionsbürger Hilfe in einem Drittstaat benötigen, sein eigenes Land dort aber kein Konsulat stellt, kann er sich an ein Konsulat von jedem anderen EU-Staat wenden. Somit ergänzt die "Unionsbürgerschaft" die nationale Staatsbürgerschaft.

 

Wussten Sie schon?

Im Jahr 1988 wurde eine Verordnung verabschiedet, die unter dem Namen Gurkenkrümmungsverordnung in die Geschichte einging. Bis heute gibt es wohl keine berüchtigtere Verordnung aus Brüssel. Eigentlich hieß die Verordnung "Handelsklassenverordnung" und sollte 25 Früchte und Gemüsesorten in drei Klassen einteilen. Dies war eine Forderung des Lebensmittel-Einzelhandels, damit die Verbraucher hochwertigere Ware leichter erkennen können und ihnen so einen Vorteil zu bescheren. Es ging niemals um den Krümmungsgrad einer Gurke. Die Qualität der Gurke wurde in drei Klassen unterteilt, wobei die höchste Klasse offiziell "gut geformt und praktisch gerade" sein sollte. Irgendjemand zog dann diesen Passus aus der Verordnung raus und sorgte dafür, dass laut Meinung des Volkes die verrückt gewordene EU die Krümmung der Gurke vorschreiben möchte. Die Legende, dass die Verordnung eine Ausgeburt Brüsseler Bürokraten gewesen sei, ist also falsch. Mittlerweile hat das Parlament die Verordnung unter dem Stichwort "Bürokratieabbau" rückgängig gemacht. De facto bestehen die Handelsklassen aber weiter, das kann jeder nachprüfen, der im Gemüseregal des Supermarkts auf die Etiketten schaut.

 

Mehrjähriger Finanzrahmen 2021 - 2027

Bislang gab es sechs mehrjährige Finanzrahmen (MFR), einschließlich des derzeitigen für den Zeitraum von 2021 bis 2027. Seit dem Vertrag von Lissabon basiert der MFR nicht mehr auf einer interinstitutionellen Vereinbarung, sondern auf einer Verordnung. Mit dem für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren aufgestellten MFR soll sichergestellt werden, dass die Ausgaben der EU innerhalb der Grenzen ihrer Eigenmittel eine geordnete Entwicklung nehmen. Der MFR umfasst Bestimmungen für die Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der EU. In der MFR-Verordnung werden Ausgabenobergrenzen für weit gefasste Ausgabenkategorien festgelegt, die als Rubriken bezeichnet werden. Die Kommission legte nach ihren ursprünglichen Vorschlägen vom 2. Mai 2018 und infolge des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie am 27. Mai 2020 einen Vorschlag für einen Aufbauplan (NextGenerationEU) vor, der überarbeitete Vorschläge für den MFR 2012-2027 und für Eigenmittel enthielt und in dessen Rahmen ein Aufbauinstrument mit einer Finanzausstattung von 750 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018) eingerichtet werden sollte. Dieses Paket wurde am 16. Dezember 2020 im Anschluss an interinstitutionelle Verhandlungen angenommen. Angesichts neuer Entwicklungen wurde der MFR im Dezember 2022 und dann im Februar 2024 erneut einer tiefgreifenderen Überarbeitung unterzogen. (https://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/29/mehrjahriger-finanzrahmen)

 

Forschungsrahmenprogramm der EU

Das erste Forschungsrahmenprogramm wurde 1983 eingerichtet. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde über nachfolgende Forschungsrahmenprogramme finanzielle Unterstützung für die Umsetzung der Forschungs- und Innovationspolitik der EU bereitgestellt. Im Mittelpunkt der Programme steht nicht länger nur die Unterstützung grenzübergreifender Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Technologie, sondern auch eine tatsächliche Koordinierung von Maßnahmen und Strategien auf EU-Ebene. Horizont Europa ist mittlerweile das neunte Forschungsrahmenprogramm und hat eine Laufzeit von 2021 bis 2027. Es ist das bisher umfangreichste und ambitionierteste Programm mit einer Mittelausstattung von über 93 Mrd. EUR. Außerdem gibt es noch die Kohäsionspolitik und andere EU-Programme, die Möglichkeiten für forschungsbezogene Projekte eröffnen, darunter die europäischen Struktur- und Investitionsfonds, Erasmus+, das Programm für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE), die Fazilität „Connecting Europe“ sowie die Gesundheitsprogramme der EU. B. (Internationale) Koordinierung und Zusammenarbeit Das Netz des europäischen Raums der Forschung (EFR-NET) wurde 2002 eingerichtet, um die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen nationalen und regionalen Forschungsprogrammen zu stärken. Außerdem sollen damit die in den Mitgliedstaaten und assoziierten Ländern durchgeführten Programme durch Vernetzung, gemeinsame Vorhaben und die „gegenseitige Öffnung“ der Programme gefördert werden.

 


Europäische Strukturpolitik 2021 - 2027

Kohäsion, Wachstum und Beschäftigung Contents of factsheets Mit strukturpolitischen Maßnahmen soll der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt in der EU vorangebracht werden, indem die Schaffung von Arbeitsplätzen gefördert wird, die Bereiche Wettbewerb, Forschung und Innovation und die nachhaltige Entwicklung unterstützt werden und die Lebensqualität der EU-Bürger verbessert wird. Kohäsion, Landwirtschaft, Fischerei, und Verkehr zählen zu den Bereichen, in denen die Union mitzureden hat. Eines der wichtigsten Ziele der EU besteht darin, die Unterschiede im Entwicklungsstand ihrer Regionen abzubauen. Mit der Gemeinsamen Agrarpolitik soll eine angemessene Lebenshaltung der Landwirte ermöglicht und zudem sichergestellt werden, dass die Verbraucher Erzeugnisse zu angemessenen Preisen kaufen können, wobei es gleichzeitig eine von Nachhaltigkeit geprägte Praxis zu fördern gilt. Mit der gemeinsamen Fischereipolitik sollen eine nachhaltige Fischerei und Aquakultur sichergestellt und allen Erzeugern Einkommen und sichere Arbeitsplätze garantiert werden, indem zur Unterstützung dieser Ziele auf markt- und finanzpolitische Maßnahmen zurückgegriffen wird. Zu den aktuell größten Herausforderungen zählt neben der Öffnung von Verkehrsmärkten und der Schaffung eines transeuropäischen Verkehrsnetzes auch die nachhaltige Mobilität. Tourismus, Kultur, Bildung und Sport sind ebenfalls Bereiche, in denen die Union tatkräftig mitwirkt.

 

Aufbau der Politik

Die Strukturpolitik wird aus drei Strukturfonds gespeist. Eine Finanzperiode beträgt sieben Jahre. Die am wenigsten entwickelten Länder erhalten Mittel aus dem Kohäsionsfonds (unter 90 % Durchschnitts-BIP der EU). Alle Regionen erhalten Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Der EFRE fördert "harte" Infrastruktur, der ESF "weiche" Maßnahmen wie Weiterbildungsangebote. Jede Region erhält Mittel gestaffelt nach ihrem Entwicklungsgrad (Durchschnitts-BIP). Unter 75 % Durchschnitts-BIP ist die höchste Förderkategorie (schwächste Regionen), zwischen 75 % und 90 % liegt eine neue eingeführte Zwischenkategorie, und über 90 % Durchschnitts-BIP liegt die niedrigste Förderkategorie (Wettbewerbsregionen). Grenzregionen erhalten zusätzliche Gelder.

Die Mitgliedstaaten entwickeln daraufhin Programme, in denen sie zukünftige Projekte planen. Anders als in der Forschungspolitik werden die Gelder nicht direkt von der Europäischen Kommission vergeben, sondern über die Haushalte der Mitgliedsländer (in Deutschland: Bundesländer) umgesetzt.

 

Deutschlands Vorteil

Deutschland profitiert mit rund EUR 17 Mrd. enorm von den europäischen Geldern. Im eigenen Land werden Forschungszentren oder Weiterbildungsangebote unterstützt. In den Grenzregionen werden Infrastrukturprojekte vorangetrieben und Wirtschaftsbeziehungen verstärkt. Die wirtschaftliche Weiterentwicklung in den Regionen außerhalb Deutschlands eröffnet des Weiteren neue Absatz- und Investitionsmärkte für deutsche Unternehmen. Das Geld, welches in Osteuropa investiert wird, fließt durch neue Wirtschaftskontakte auch in die Geberländer zurück. Deswegen ist die Nettozahlerdiskussion viel zu kurz gedacht.

 

Entwicklung hin zu einer Politischen Union

Damit die Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzkrise in der EU erfolgreich greifen können, ist in Teilen eine weitere Annäherung der Mitgliedstaaten erforderlich. Mit der Idee einer Politischer Union verbanden und verbinden sich recht unterschiedliche Vorstellungen einer politischen Einigung Europas oder von Teilen davon. Gemeinsam ist allen Konzepten, dass die angestrebte Integration über wirtschaftliche Kooperationen oder eine Wirtschaftsgemeinschaft hin zu einer supranationalen europäischen politischen Gemeinschaft gehen sollte. Auch die Idee einer echten europäischen Regierung und eine Neuordnung der Kompetenzen zwischen EU, den Mitgliedstaaten und den Regionen werden ins Spiel gebracht. Welche Art von Vertiefung und Annäherung auch immer eingeschlagen wird - im Rahmen oder außerhalb von Vertragsänderungen: die Beteiligung nationaler Parlamente sowie umfangreiche Rechenschaftspflichten und die Sicherstellung einer umfangreichen demokratischen Legitimation müssen aus Sicht der CDU/CSU sichergestellt sein!


 

Beitrittsverhandlungen mit der Türkei

Partnerschaft statt EU-Beitritt

Die CDU/CSU-Gruppe im europäischen Parlament setzt sich dafür ein, Länder aktiv bei ihrer demokratischen Entwicklung zu unterstützen. Die EU-Mitgliedschaft kann aber nicht in jedem Fall Antwort auf den Wunsch nach einer europäischen Perspektive sein. Für den Beitritt zur EU ist die Erfüllung des Kriteriums der Aufnahmefähigkeit der EU ebenso wichtig wie die vollständige Erfüllung aller politischen und wirtschaftlichen Kriterien durch das Bewerberland.

Die CDU/CSU-Europaabgeordneten lehnen eine Vollmitgliedschaft der Türkei ab und plädieren für eine privilegierte Partnerschaft oder eine multilaterale Beziehung nach dem Beispiel des europäischen Wirtschaftsraums.

 

Gründe, die gegen den EU-Beitritt sprechen:

Seit einigen Jahren liegen die demokratischen Fortschrittsbemühungen der Türkei auf Eis. Angekündigte Reformen werden nur selten in die Realität umgesetzt. Das Land distanziert sich Schritt für Schritt von den Prinzipien der EU-Wertegemeinschaft. Meinungs-, Presse- und Religionsfreiheit finden de facto kaum mehr statt und werden nicht erst seit den jüngsten Unruhen in Istanbul und anderen Städten massiv verletzt. Aktuell ist die Türkei im weltweiten Vergleich dasjenige Land mit den meisten inhaftierten Journalisten. Studenten, Gewerkschafter und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen werden wegen regierungskritischer Äußerungen sogar nach dem Anti-Terrorgesetz angeklagt und verurteilt.

Überdies erkennt die türkische Regierung den EU-Mitgliedstaat Zypern nicht an, boykottierte die zypriotische Ratspräsidentschaft und weigert sich weiterhin, die vereinbarte Zollunion gegen Zypern umzusetzen.
Die Ratifizierung eines Rücknahmeabkommens mit der EU, das helfen könnte, illegale Massenzuwanderung über das Hoheitsgebiet der Türkei in die EU zu bekämpfen, wurde von der türkischen Regierung hinausgezögert, um im Gegenzug die Befreiung von der Visumspflicht für die Einreise in die EU zu erzwingen.

Die extremen strukturellen Entwicklungsunterschiede innerhalb des Landes - wenigen florierenden Metropolen stehen fast unüberbrückbare Gegensätze zum ländlichen Raum gegenüber - würden allein in der nächsten Förderperiode zusätzlich etwa EUR 140 Mrd. EU-Strukturgelder erfordern. Dies entspricht gut 40 Prozent der für die EU-Strukturförderung in der nächsten Haushaltsperiode insgesamt veranschlagten Gelder. Damit wären die infrastrukturellen und sozialen Angleichungen aber nicht einmal in Ansätzen hergestellt. Eine europäisch finanzierte Regionalförderung in der Türkei wäre eine 'never-ending story' auf einem immer höheren finanziellen Niveau.

Angesichts dieser und weitere Kritikpunkte sprachen sich die CDU/CSU-Abgeordneten in einer Plenarabstimmung mehrheitlich gegen die Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel aus. Stillstand bei den demokratischen Reformen soll nicht auch noch belohnt werden!

 

Stimmungslage in Deutschland:

Im Übrigen bewerten die Deutschen eine Aufnahme der Türkei in die EU deutlich kritischer als noch vor einigen Jahren. Im Jahr 2023 gaben 46 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beendet werden sollten (© Statista 2024). 

 


 

Mythen über die EU

Die EU kostet die Mitgliedstaaten viel Geld!

Für den mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 ist ein Budget von 1074 Mrd. Euro vorgesehen (https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/eu-budget/how-it-works/budget-law/legislation_de). Auf ein Jahr gerechnet beträgt er damit aber "lediglich" 214,8 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Der von der Bundesregierung für das Jahr 2024 geplante Haushalt beträgt 476,8 Mrd. Euro für ca. 84,7 Mio. Einwohner (©  Statistisches Bundesamt (Destatis) | 2024). Der EU-Haushalt berechnet sich jedoch für ca. 448,4 Mio. Einwohner (Eurostat).

 

Die EU ist bürgerfern

Abgehoben und weit weg von den Bürgern - so sehen nicht nur Europagegner die EU. Der Vorwurf kommt immer wieder auch aus der Mitte der Gesellschaft. Inzwischen haben die Institutionen viel getan, um näher an den Menschen zu sein. Fakt ist, dass es viele Wege gibt, auf denen Bürger die EU-Politik mitgestalten können.

Seit 2012 existiert die „Europäische Bürgerinitiative“, mit der Europäer sich abseits von Wahlen und Parteien engagieren können. Sie wird rege nachgefragt. Die Initiatoren müssen Unterschriften von mindestens einer Million Menschen aus sieben der 27 Mitgliedstaaten sammeln. Damit können sie ein Thema auf die Agenda setzen und die EU-Kommission auffordern, Vorschläge für einen Rechtsakt der EU zu machen.

Einige Bürgerinitiativen waren bereits erfolgreich: Dabei ging es um Wasser als Menschenrecht, den Schutz von Embryonen und ein Verbot von Tierversuchen. Im Anschluss an die Bürgerinitiative gegen Glyphosat und Pestizide hat die Kommission ein Gesetz vorgelegt, um wissenschaftliche Beurteilungen und Entscheidungsfindungen über Pestizide für alle transparent zu machen – Parlament und Rat haben sich darauf bereits geeinigt.

Bevor die EU-Kommission Gesetzesvorschläge macht, befragt sie systematisch die Öffentlichkeit in Konsultationen. Privatleute, Firmen und Verbände können dann mit ihrem Fachwissen wertvolle Hinweise geben.
Bei bisher weit mehr als 1000 Bürgerdialogen in der gesamten EU haben die Europäer zudem mit EU-Kommissaren und hochrangigen EU-Vertretern diskutieren können. Die Reihe dieser Bürgerdialoge wird laufend fortgesetzt – auch in den sozialen Medien. Jeder Bürger kann außerdem eine Petition an das EU-Parlament schicken. Die Europäische Bürgerbeauftragte nimmt Beschwerden über Verwaltungsfehler oder Rechtsverstöße von EU-Institutionen an.

Subsidiarität: EU ist groß in großen Dingen und klein in kleinen Dingen

Das Grundprinzip der Europäischen Union, nämlich der Grundsatz der Subsidiarität, bedeutet, dass öffentliche Aufgaben möglichst bürgernah - zum Beispiel auf der Ebene der Kommunen oder der Bundesländer - geregelt werden. Erst wenn ein bestimmtes Problem dort nicht gelöst werden kann, wird die Regelungskompetenz „nach oben“ abgegeben. Die EU soll sich nur um Dinge kümmern, die sie besser regeln kann als die Mitgliedsländer.

Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament, die das übergeordnete europäische Interesse zu vertreten haben, stehen für die in Brüssel oder Straßburg gemeinsam getroffenen Entscheidungen ein. Dabei erfahren sie jedoch nicht immer Unterstützung aus den Mitgliedstaaten, da manche Politiker es sich leisten, ein bisschen Regierung und ein bisschen Opposition in der Europapolitik zu sein. So kann leicht der Vorwurf der Bürgerferne entstehen.

Die Kommission handelt nach dem Motto „groß in großen Dingen und klein in kleinen Dingen“. Sie hat schlanke jährliche Arbeitsprogramme und konzentriert sich auf politische Prioritäten. Eine spezielle Arbeitsgruppe für Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit durchleuchtet sämtliche Politikbereiche kritisch, um sicherzustellen, dass die EU nur dort tätig wird, wo sie für alle einen Mehrwert erzeugt.

Unionsbürger haben wichtige zusätzliche Rechte

Alle Staatsangehörigen eines EU-Landes sind automatisch EU-Bürger. Die Unionsbürgerschaft verleiht ihnen wichtige zusätzliche Rechte. Als EU-Bürgerin/EU-Bürger haben Sie das Recht, ohne Diskriminierung aufgrund Ihrer Staatsangehörigkeit in der EU ungehindert zu reisen und ihren Wohnort frei zu wählen. Alle Unionsbürgerinnen und -bürger verfügen in ihrem EU-Wohnsitzland bei Kommunal- und Europawahlen über das aktive und passive Wahlrecht, und zwar unter denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen des betreffenden Landes.

 

Das Europäische Parlament ist nicht demokratisch legitimiert!

Wird die Kritik an einem vermeintlichen Demokratiedefizit der EU laut, wird meist sogleich dem Europäischen Parlament seine umfassende Legitimität abgesprochen. Es repräsentiere nicht das Prinzip „One man – one vote“, beachte also nicht die gleiche Bedeutung jeder Stimme. Das Prinzip der Stimmengleichheit aber kann für die Wahl des Europäischen Parlaments nicht in derselben Weise verwirklicht werden wie in Deutschland. Ein Beispiel: Luxemburg zählt rund fünfhunderttausend Einwohner und stellt sechs Abgeordnete im Europäischen Parlament. Umgerechnet auf die gesamte Europäische Union, in der rund fünfhundert Millionen Menschen leben, müsste das Europäische Parlament sechstausend Abgeordnete haben. Selbst wenn Luxemburg nur drei Abgeordnete stellen würde, hätte das Parlament dreitausend Mitglieder und wäre ein unlenkbarer Apparat. 

Auch ist zu berücksichtigen, dass von 2014 an im Ministerrat das Prinzip der doppelten Mehrheit gilt. Eine qualifizierte Mehrheit ist dann nur erreicht, wenn 55 Prozent der Staaten zustimmen, die gleichzeitig 65 Prozent der Bevölkerung vertreten. Das heißt, die zukünftigen Abstimmungsverfahren im Rat stärken das Gewicht jeder Stimme. Zusammen mit dem Europäischen Parlament ist dies angesichts der Komplexität der Europäischen Union ein Höchstmaß an Legitimation. Sie sollte nicht in Frage gestellt werden. Zudem wurde durch den Vertrag von Lissabon das Europäische Parlament in nahezu allen Bereichen europäischer Gesetzgebung zum gleichberechtigten Gesetzgeber mit dem Ministerrat. 

Das Europäische Parlament ist das größte multinationale Parlament der Welt. Es vertritt rund vierhunderfünfzig Millionen Bürger aus 27 Ländern. Niemand käme auf die Idee, die demokratische Legitimität des amerikanischen Senats in Frage zu stellen, in dem jeweils zwei Senatoren einen Bundesstaat repräsentieren – unabhängig von der Bevölkerungszahl. Die Europäischen Union und das Europäische Parlament können keine Kopie irgendeines anderen nationalen Systems sein, auch nicht des deutschen. Es geht darum, einen offenen Blick zu behalten für die besonderen Strukturen des Europäischen Parlaments als multinationaler Vertretung von 27 unterschiedlichen Staaten. 

Dabei ist das Europäische Parlament nicht weniger schutzwürdig oder schutzbedürftig als beispielsweise der Deutsche Bundestag. Ohne Flankenschutz, den zu geben insbesondere der Integrationsauftrag aus Artikel 23 des deutschen Grundgesetzes gebietet, ist nicht allein die europäische Ebene tiefgreifenden Gefahren ausgesetzt. Mittelfristig kann auch die Demokratie in den Mitgliedstaaten selbst leiden, denn Gestaltungsspielraum und Kontrollmöglichkeiten der nationalen Parlamente geraten bei internationalen Krisen, wie wir sie gegenwärtig erleben, an ihre Grenzen. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, das Europäische Parlament weiter zu stärken. 

Zähne zeigt das Europäische Parlament auch bei der Ernennung der EU-Kommission. So wählt es mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder den Präsidenten der Europäischen Kommission nach einem Vorschlag durch den Europäischen Rat - dieser muss bei der Besetzung des Postens die Ergebnisse der Wahlen zum Parlament berücksichtigen. Hat das Parlament dem Kandidaten seine Zustimmung erteilt, ist dieser designierter Kommissionspräsident, aber noch nicht im Amt. Nach der darauf folgenden Nominierung der weiteren Kommissare und deren ausführlichen Anhörung vor den Fachausschüssen des Parlaments muss sich die Kommission als Ganzes einem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments stellen und wird anschließend vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt. Das Europäische Parlament kann die Kommission als Ganzes annehmen oder ablehnen - letzteres auch, wenn sie nur einzelne Kommissare als nicht geeignet befindet. Der Bundestag spielt dagegen bei der personellen Zusammensetzung der Bundesregierung keine direkte Rolle.

Anders als im Bundestag gibt es im Europäischen Parlament keine klassischen Regierungs- und Oppositionsfraktionen. Für jeden Beschlussvorschlag der EU-Kommission müssen erneut Mehrheiten und Kompromisse zwischen den verschiedenen Fraktionen gefunden werden. Ein einfaches "Durchwinken" des Gesetzesvorschlags der Regierung durch die sie tragenden Fraktionen - wie häufig in nationalen Parlamenten üblich - gibt es in Brüssel und Straßburg nicht.

Zum Aufbau der EU:

Die Europäische Union ist in ihrer institutionellen Struktur einzigartig und ihr Beschlussfassungssystem entwickelt sich ständig weiter. Es gibt 7 Organe, 7 Einrichtungen und über 30 dezentrale Agenturen der EU, verteilt in der gesamten Union. In enger Zusammenarbeit verfolgen sie die gemeinsamen Interessen der EU und der europäischen Bevölkerung.

Im administrativen Bereich gibt es zudem noch 20 Agenturen und Organisationen, die spezifische rechtliche Aufgaben wahrnehmen, sowie 4 interinstitutionelle Dienste, die die Organe bei ihrer Arbeit unterstützen.

Jede Struktur hat spezifische Aufgaben: Ausarbeitung von EU-Rechtsvorschriften, Politikgestaltung, Umsetzung politischer Maßnahmen oder Tätigkeiten in Fachbereichen wie Gesundheit, Medizin, Verkehr und Umwelt.

4 zentrale Beschlussfassungsorgane prägen die EU-Verwaltung: Sie geben der EU gemeinsam die politische Richtung vor und nehmen im Rechtsetzungsprozess unterschiedliche Rollen ein:

    das Europäische Parlament (Brüssel/Straßburg/Luxemburg)
    der Europäische Rat (Brüssel)
    der Rat der Europäischen Union (Brüssel/Luxemburg)
    die Europäische Kommission (Brüssel/Luxemburg/Vertretungen in der gesamten EU)

Ihre Arbeit wird durch andere Organe und Einrichtungen ergänzt. Dazu zählen:

    der Gerichtshof der Europäischen Union (Luxemburg)
    die Europäische Zentralbank (Frankfurt)
    der Europäische Rechnungshof (Luxemburg)

 Die Organe und Einrichtungen der EU arbeiten eng mit dem europaweiten Netz der EU-Agenturen und -Organisationen zusammen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die EU-Politik vor Ort praktisch umzusetzen.

Rund 60 000 EU-Beamtinnen und -Beamte und sonstige Bedienstete stehen im Dienst der 450 Millionen Europäerinnen und Europäer (sowie zahlloser anderer Menschen auf der ganzen Welt). Im Vergleich sind das nicht besonders viele: Das französische Finanzministerium etwa beschäftigt allein rund 140 000 Mitarbeiter/innen für eine Gesamtbevölkerung von nur 67 Millionen Menschen.  Billionen Euro.

http://europa.eu/about-eu/institutions-bodies/index_de.htm

 

Europapolitik ist intransparent und fernab vom Interesse der Bürger! 

Diese Vorwürfe sind oft zu hören, denn scheinbar ist Brüssel von den Bürgern ja zu weit weg. Hinzu kommen die komplizierten Strukturen der Organe, die mit der europäischen Gesetzgebung beauftragt sind.

In Wirklichkeit ist Politik auf der europäischen Ebene aber oftmals transparenter als diejenige in den Mitgliedstaaten: Alle Ausschusssitzungen, Plenardebatten und -Abstimmungen des Europäischen Parlaments sind öffentlich und können z.B. auch über das Internet live verfolgt werden. Europäisches Parlament und Europäische Kommission betreiben sogar eigene Internet-Fernsehkanäle (EuroparlTV bzw. EbS - Europe by Satellite), um Bürger und Journalisten über ihre Tätigkeiten und die neuesten Entwicklungen zu informieren. Jedes Dokument des Europäischen Parlaments bekommt eine Registriernummer, wird veröffentlicht und ist auch im Internet abrufbar. Zu erwähnen sind außerdem die vergleichsweise sehr detaillierten Vorgaben und Offenlegungspflichten für Europaabgeordnete im Rahmen des Verhaltenskodex. 

Eines der Grundrechte der Unionsbürger ist das Petitionsrecht: Jeder Bürger kann an das Europäische Parlament eine Petition richten in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der EU fallen und die ihn unmittelbar betreffen. Eine Petition kann in Form einer Beschwerde oder eines Ersuchens verfasst sein. Mit Hilfe der Petitionen kann das Europäische Parlament auf Rechtsverletzungen eines Unionsbürgers durch einen Mitgliedstaat, lokale Gebietskörperschaften oder durch andere Institution hinweisen.

Die im Vertrag von Lissabon verankerte Europäische Bürgerinitiative ist ein Instrument der direkten Demokratie in der EU. Eine Million EU-Bürger aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten können sich an der Entwicklung von Strategien der EU beteiligen, indem sie der Europäischen Kommission auftragen, einen entsprechenden Rechtsakt auf den Weg zu bringen.

 

Deutschland ist der größte Nettozahler!

Die Frage, ob sich mit der EU-Mitgliedschaft für einen Staat mehr Vor- oder Nachteile verbinden, lässt sich nicht mit einer buchhalterischen Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben bezogen auf den EU-Haushalt beantworten. Trotzdem wird dieses Thema gerade bei den "Nettozahlern" wiederkehrend diskutiert. Umso wichtiger ist es, nicht nur die absolute Höhe der geleisteten Zahlungen der Staaten zu betrachten, sondern diese auch in Bezug zur jeweiligen Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl zu setzen.

Fakten

Aus der Differenz zwischen den finanziellen Leistungen, die die einzelnen Mitgliedstaaten an die Europäische Union (EU) abführen und den Leistungen, die sie von der EU erhalten, ergibt sich aus der Sicht der Mitgliedstaaten entweder ein positiver Saldo (Nettoempfänger) oder ein negativer Saldo (Nettozahler). Allerdings gibt es zahlreiche Faktoren, die die Ausgaben und Einnahmen der Staaten ungleichmäßig beeinflussen. So führen beispielsweise Küstenländer mit internationalen Häfen – wie die Niederlande – erhebliche Zolleinnahmen für importierte Güter ab, die in andere Mitgliedstaaten weitergeliefert werden. Andere Staaten – wie zum Beispiel Belgien – erhalten Kostenerstattungen für den Sitz großer EU-Organe. Bis einschließlich 2019 wurden von der Europäischen Kommission die "operativen Haushaltssalden" berechnet, bei denen diese Faktoren weitgehend herausgerechnet wurden. Die nachstehenden Angaben für das Jahr 2022 beruhen auf der bisherigen Berechnungsmethode der Europäischen Kommission.

Bezogen auf das jeweilige Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Staaten war im Jahr 2022 Deutschland der größte Nettozahler der EU. Der negative Haushaltssaldo entsprach 0,51 Prozent des BIP. Darauf folgten Frankreich (minus 0,38 Prozent), Schweden (minus 0,36 Prozent), die Niederlande und Österreich (minus 0,34 bzw. 0,31 Prozent). Auf der anderen Seite waren die größten Nettoempfänger im Jahr 2022 Lettland (plus 2,62 Prozent des BIP), Ungarn (plus 2,61 Prozent), Litauen (plus 2,57 Prozent), Estland (plus 2,51 Prozent) und Kroatien (plus 2,17 Prozent).

Wenn die operativen Haushaltssalden auf die jeweilige Bevölkerung der Mitgliedstaaten bezogen werden, stehen bei den Nettozahlern fast dieselben Staaten an der Spitze. Mit durchschnittlich 237 Euro pro Kopf zahlte 2022 niemand so viel an die EU wie die Bürgerinnen und Bürger Deutschlands. An zweiter bzw. dritter Stelle standen Irland (197 Euro) und Schweden (196 Euro). Gefolgt von den Niederlanden (184 Euro) und Österreich (152 Euro). Hingegen erhielt Estland rein rechnerisch 678 Euro pro Kopf von der EU und bei Luxemburg und Litauen lag der positive Haushaltssaldo 2022 bei 669 bzw. 613 Euro pro Kopf. Es folgten Lettland und Ungarn mit 545 bzw. 459 Euro. Der hohe Rang Luxemburgs in dieser Gruppe der Nettoempfänger lässt sich zu einem großen Teil durch stark gestiegene Verwaltungskosten erklären. In diesen Bereich fallen nämlich auch Leistungen, die im Rahmen von EU-Projekten (z.B. "Digitales Europa") an die Mitgliedstaaten gezahlt werden. Allein die Mittel aus dem "EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation: Horizont Europa" haben sich im Fall Luxemburgs von 2021 auf 2022 von 254 auf 481 Millionen Euro erhöht (plus 89,4 Prozent). Verbunden mit der vergleichsweise geringen Bevölkerungszahl hat dies bereits Einfluss auf die Position Luxemburgs.

Bezogen auf die absoluten Zahlen lag Deutschland im Jahr 2022 erneut auf Platz eins aller EU-Mitgliedstaaten: Der negative Haushaltssaldo Deutschlands lag bei 19,7 Milliarden Euro. Darauf folgten Frankreich (minus 10,0 Mrd. Euro), Italien (minus 3,9 Mrd. Euro), die Niederlande (minus 3,2 Mrd. Euro) sowie Schweden (minus 2,1 Mrd. Euro). Auf der anderen Seite waren bezogen auf die absoluten Zahlen Polen (plus 11,9 Mrd. Euro), Rumänien (plus 5,6 Mrd. Euro), Ungarn (plus 4,4 Mrd. Euro), Griechenland (plus 3,9 Mrd. Euro) und Portugal (plus 2,9 Mrd. Euro) die größten Nettoempfänger.

Bei diesen Rankings ist allerdings zu beachten, dass es sich um eine rein buchhalterische Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben bezogen auf den EU-Haushalt handelt. Die Frage, ob sich mit der EU-Mitgliedschaft für einen Staat mehr Vorteile oder mehr Nachteile verbinden, lässt sich nicht mit einer ausschließlichen Betrachtung des jeweiligen Saldos beantworten, da dieser zahlreiche Faktoren ausblendet. So zum Beispiel die politische Stabilität und Sicherheit, den freien Personenverkehr, den Binnenmarkt oder den Euro als Leitwährung.

Zudem fördert die EU laut Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) "den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten". Und auch nach Artikel 174 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) setzt sich die Union "insbesondere zum Ziel, die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern". Abseits dieser vertraglichen Verankerung des Ausgleichs zwischen den EU-Mitgliedern ist auch dessen Wirkung nicht auf nationale Grenzen beschränkt: So fließt beispielsweise ein Teil der geschaffenen Nachfrage – direkt oder mittelfristig – zurück in die Nettozahlerländer oder die dortigen Verbraucher profitieren von Zahlungen im Agrarbereich. (Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/europa/70580/nettozahler-und-nettoempfaenger-in-der-eu/)

 

Die EU ist eine intransparente Lobbykratie

Lobbyisten bestimmen die europäische Politik, lautet ein gängiges Vorurteil.
Fakt ist: Die EU-Organe interagieren mit vielen Gruppen, die Sonderinteressen vertreten. Dies ist ein legitimes Element der demokratischen Entscheidungsfindung. Wichtig ist, dass die Entscheidungen der EU so transparent wie möglich getroffen werden. Die EU-Kommission und das EU-Parlament legen daher offen, mit welchen Organisationen sie zusammenwirken. Mit dem EU-Lobbyregister ist Brüssel damit Berlin und vielen anderen nationalen Hauptstädten weit voraus.

Die Entscheidungen der Europäischen Union wirken sich auf den Alltag von hunderten Millionen Menschen aus. Der Entscheidungsprozess muss also transparent sein, um die Kontrolle und Rechenschaftspflicht der EU-Organe zu gewährleisten.

Das EU-Transparenzregister umfasst Daten zu mehr als 30.000 Personen, die in Brüssel Lobbyarbeit betreiben und Einfluss auf die Politikgestaltung nehmen wollen; darunter Verbände, professionelle Lobbyisten, Anwaltskanzleien und Think-Tanks. Es ist das größte und umfassendste Register seiner Art weltweit.

Transparenzregister macht sichtbar, wer Einfluss auf europäische Politik nimmt

Wer einen Zugangsausweis für das EU-Parlament oder einen Termin mit Entscheidern der EU-Kommission haben möchte, muss sich eintragen. Außerdem verpflichten sich die Organisationen mit ihrer Registrierung auf einen Verhaltenskodex, zum Beispiel dürfen sie sich nicht auf unehrlichem Wege Informationen beschaffen.

Seit 2014 veröffentlicht die Kommission Informationen über alle Treffen von Kommissionsmitgliedern, ihren Kabinettsmitgliedern und Generaldirektoren der Kommission mit Interessenvertretern. Auch Abgeordnete in Schlüsselpositionen (Ausschussvorsitzende, Berichterstatter und Schattenberichterstatter) haben sich verpflichtet, ihre Lobbytreffen offenzulegen. Damit ist Brüssel transparenter als zum Beispiel Berlin.

wem welche Interessen? Welche Finanzmittel stehen diesen Leuten zur Verfügung? Das Register ist damit eine wichtige Informationsquelle für Medien, Organisationen sowie Bürgerinnen und Bürger, um nachzuvollziehen, wer Einfluss auf europäische Politik nimmt. Es erschwert verdeckte Einflussnahme.

Derzeit wird mit den Mitgliedstaaten darüber verhandelt, das Register auch für Kontakte zu Vertretern der Mitgliedstaaten verbindlich zu machen. Dies wäre der größte Fortschritt seit seiner Einführung im Jahr 2011 und ein klares Signal an die Bürgerinnen und Bürger der EU, dass nicht nur Kommission und Parlament, sondern allen drei EU-Organen gemeinsam an einem hohen Maß an Rechenschaftspflicht gelegen ist.


Informationen über EU-Rechtssetzung sind öffentlich – jeder kann sich beteiligen

Transparenz trägt dazu bei, die europäischen Bürgerinnen und Bürger zu einer aktiveren Teilnahme am demokratischen Leben der EU anzuregen. Zur Vorbereitung von Gesetzesvorschlägen lädt die Kommission alle Interessierten ein, an Konsultationen teilzunehmen und Stellung zu nehmen. Die Menschen haben das Recht zu erfahren, wie die EU-Organe ihre Entscheidungen treffen, wer am Entscheidungsprozess beteiligt ist und welche Dokumente bei der Vorbereitung und Annahme von Rechtsakten hervorgebracht werden.Die Kommission führt ein Register der sie beratenden Expertengremien. Außerdem haben die Bürger das Recht zu erfahren, wer Mittel aus dem EU-Haushalt erhält. Die Kommission führt eine Online-Datenbank, die Angaben zu den Begünstigten und der Höhe der Zuwendungen enthält.

Verhandlungen über Handelsabkommen werden transparenter geführt

Handelspolitik war über Jahrzehnte ein Thema, für das sich vor allem Experten interessiert haben. Mit den 2013 gestarteten Gesprächen über ein transatlantisches Handelsabkommen hat das öffentliche Interesse stark zugenommen. Die Kommission hat daher die Art, wie Handelsverhandlungen geführt werden, grundlegend verändert. Es gibt ein bisher nicht dagewesenes Maß an Transparenz. Dazu gehören regelmäßige Treffen mit der Zivilgesellschaft, die Veröffentlichung der den Mitgliedstaaten vorgelegten Entwürfe der Verhandlungsmandate und aller Textvorschläge, die die EU in Handelsgespräche einbringt.

Ehemalige Kommissare müssen ihre neuen Jobs genehmigen lassen

Mitglieder der Europäischen Kommission müssen strenge Regeln zu Ethik und Integrität befolgen. Bezahlte Nebenjobs jeglicher Art sind verboten. Außerdem müssen die EU-Kommissare Aus-
kunft geben über ihre finanziellen Interessen. Geschenke, die mehr 150 Euro wert sind, dürfen nicht angenommen werden.

Laut EU-Vertrag haben EU-Kommissare auch nach dem Ende ihrer Tätigkeit in der Brüsseler Behörde die Pflicht, „ehrenhaft und zurückhaltend zu sein“. Der Wechsel von Ex-Kommissionschef José Manuel Barroso zu der Investmentbank Goldman Sachs sorgte für Wirbel. Der Verhaltenskodex für EU-Kommissare wurde daraufhin verschärft. In den ersten zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Amt müssen ehemalige Kommissionsmitglieder eine neue berufliche Tätigkeit durch die Kommission genehmigen lassen. Sie dürfen keine Lobbytätigkeiten aufnehmen, die mit ihrer früheren Zuständigkeit zu tun haben. Für ehemalige Präsidenten gilt eine „Abkühlungsphase“ von drei Jahren.

Korruption und Misswirtschaft werden bekämpft

Um Betrug und Korruption zu verhindern, hat die EU immer mehr getan, um Missbrauch von EU-Geldern aufzudecken und zu verfolgen. So prüft der eigene Europäische Rechnungshof als Kontrollorgan der europäischen Steuerzahler, ob bei den Einnahmen und Ausgaben der EU alles mit rechten Dingen zugeht. Seit 1999 gibt es das unabhängige Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf ), das Misswirtschaft mit EU-Geldern verfolgt. 21 Mitgliedstaaten haben sich zudem auf eine gemeinsame Europäische Staatsanwaltschaft verständigt. Diese ist seit Ende 2020 einsatzbereit und wird bei der Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil des EU-Haushalts – darunter Betrug,
Korruption, Geldwäsche und schwerer grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug – tätig.

 

Brüssel ist ein Verwaltungsmoloch

An den Stammtischen wird gerne auf „die Eurokraten“ geschimpft, die angeblich in Brüssel in Saus und Braus leben. Der Mythos vom aufgeblähten Beamtenapparat lebt fort. Von Beamten, die nichts Besseres zu tun haben, als
sich neue Verordnungen auszudenken, mit denen sie die Bürger drangsalieren können. Fakt ist: nur 6 Prozent des EU-Haushalts werden für Personal und Verwaltung aufgewendet, während 94 Prozent den Menschen in den Mitglied-
staaten zu Gute kommen.

Verglichen mit dem öffentlichen Dienst in Deutschland nimmt sich die europäische Verwaltung bescheiden aus. In den europäischen Institutionen arbeiten rund 55.000 Menschen, davon etwa 32.000 für die EU-Kommission. Dazu gehören auch zahlreiche Übersetzer und Dolmetscher. Das ist gar nicht so viel, wenn man bedenkt, dass das EU-Personal an öffentlichen Dienstleistungen für hunderte Millionen Menschen arbeitet. Damit kommt ungefähr ein EU-Beamter oder -Angestellter auf 10.000 Einwohner. Zum Vergleich: Die Stadt Köln hat zum Beispiel ein Stammpersonal von 18.300 Mitarbeitern. Bei einer Einwohnerzahl von etwa einer Million Menschen ergibt das in Köln ein Verhältnis von einem Beamten oder Angestellten für 55 Einwohner. In Paris beträgt diese Relation 1:45.

Dieser Vergleich kann die Zahlen etwas ins Verhältnis setzen – aber natürlich ist er etwas schief, weil Bund, Länder und Kommunen ganz andere Aufgaben haben als die EU. Die Kommunen müssen Erzieher, Lehrer und Feuerwehrleute bezahlen. Umgekehrt übernimmt die EU Aufgaben, die die Mitgliedstaaten nicht mehr selbst erledigen müssen: Die europäischen Kartellwächter setzen das Wettbewerbsrecht durch und die Handelsexperten unterstützen die Verhandlungen der Kommission mit Drittstaaten.

 

Der Euro ist ein Teuro - seit der Einführung des Euro wurde alles teurer!

Durch die Einführung wurden v.a. solche Konsumgüter und Dienstleistungen teurer, die nicht im Wettbewerb angeboten wurden, da Händler und Gastronomen eher auf-gerundet haben. Dies kann man aber als einen einmaligen Effekt betrachten, da die Inflation - berechnet nach einem Standardwarenkorb - in den Folgejahren der Einfüh-rung des Euro bei durchschnittlich ein bis zwei Prozent blieb. Die "gefühlte Inflation" war jedoch höher. Da die Verbraucher dazu tendiert haben, stetig Preise von Euro in D-Mark umzurechnen, waren Referenzwerte meist die letzten Preise zur Zeiten der nationalen Wertung. Ein Vergleich der Preise zwischen den Jahren 1990 und dem Jahr 2000 jedoch zeigt, dass hier bereits auch schon Teuerungen stattgefunden ha-ben, für die man aber meistens keine Referenzwerte hat. 

Außer Acht gelassen wird auch, dass Konsumgüter, die man weniger oft anschafft, wie elektronische Geräte, Möbel oder andere langlebige Konsumgüter bzw. Kosten für Miete und Energie im Durchschnitt moderat gestiegen sind. So stellte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln fest, dass ein vergleichbarer Warenkorb im Jahr 1991 mit der gleichen durchschnittlichen Arbeitszeit gekauft werden konnte wie im Jahr 2011. Die Löhne sind um 45% gestiegen, die Preise um 43%. Für den Kauf einer Waschmaschine oder eines Fernsehers müsste ein Arbeiter kürzer arbeiten, für den Kauf von Mischbrot und Eiern genauso lange.

 

Stünde Deutschland besser da mit der D-Mark?


Noch immer gibt es viele Deutsche, die der guten alten D-Mark hinterhertrauern. In ihrer Nostalgie halten sie den Euro für einen Misserfolg, der Deutschland Geld koste. Das Gegenteil ist der Fall: Der Euro ist eine stabile und sichere Währung...

Dass der Euro ein „Teuro“ sei, stimmt nicht, auch wenn es immer wieder behauptet wird. Tatsächlich ist die Inflationsrate seit der Euro-Einführung 1999 niedriger als zu D-Mark-Zeiten. Die Euro-Rate lag im Schnitt unter 2 Prozent - deutlich niedriger als in den 20 Jahren vor der Euro- Einführung (1979 bis 1998) mit durchschnittlich 2,89 Prozent. Zu D-Mark-Zeiten, in den 1970er und 80er Jahren, betrug die Teuerungsrate gar noch knapp vier Prozent, 1992 überschritt sie sogar die Marke von fünf Prozent.

Eine niedrige Teuerungsrate macht die Ersparnisse der europäischen Bürger sicherer. Das steht ganz im Gegensatz zu den Befürchtungen von Euro-Gegnern, die bei der Einführung der Gemeinschaftswährung glaubten, dass der Euro zu einer Inflationsgemeinschaft werde, weil der Konsens darüber fehle, wie wichtig stabile Preise sind.

Viele Verbraucher hatten den Eindruck, dass der Euro die Preise in Deutschland angeheizt hat. Dieses Gefühl kam daher, dass Kneipen und Restaurants ihre Preise nach der Bargeld-Einführung 2002 deutlich anhoben und auch Lebensmittel – wegen globaler Preissteigerungen - teurer wurden. Das war aber absolut nicht die Schuld des Euro.

Nach den Prophezeiungen der Euro-Kritiker sollte die Euro-Zone zum Hochzinsgebiet werden - was nun wirklich nicht so gekommen ist. Der Leitzins ist derzeit auf einem historisch niedrigen Niveau, Banken bekommen frisches Zentralbankgeld zu null Prozent Zinsen. Dass die Euro-Zone in der Schuldenkrise ab 2010 ins Kriseln kam, lag nicht am Euro selbst, sondern an anderen Dingen, mit denen der Euro an sich wenig zu tun hatte: Den Immobilien-Crashs und einer Jahrhundert-Bankenkrise.

Der Euro fördert Handel und Beschäftigung und schützt vor Währungsschwankungen

Seit Einführung des Euro im Jahr 1999 ist das Durchschnittseinkommen im Euroraum (EA19) von 20.900 Euro auf 33.900 Euro gestiegen (2018). Im gleichen Zeitraum ist die Erwerbstätigenquote von 63,6 auf 71,0 Prozent geklettert.

Verbraucher und Unternehmen profitieren vom Euro, weil sie beim Reisen ins europäische Ausland keine Wechselgebühren mehr zahlen müssen. Viele Waren wurden billiger, weil die Preise von heimischen und ausländischen Produkten leichter vergleichbar sind. Die Stabilität des Euro macht es für Unternehmen weltweit im Handel mit Europa attraktiv, in Euro angegebene Preise zu akzeptieren. Dies spart den europäischen Unternehmen die mit Wechselkursschwankungen und der Umrechnung in andere Währungen verbundenen Kosten. Außerdem wird für die Länder, die den Euro verwenden, der Handel untereinander viel einfacher und billiger. Unternehmen müssen nicht mehr die wettbewerbsverzerrenden Abwertungen in anderen Ländern fürchten, wie sie vor der Währungsunion zum Beispiel in Italien immer wieder vorkamen. Die Kosten für Überweisungen in den Euro-Raum sind weggefallen, weil solche Überweisungen genau wie Inlandsüberweisung behandelt werden. Der mit dem Euro verbundene Wegfall all dieser Handelshindernisse führte zu einer Vertiefung des europäischen Binnenmarkts, aus der Deutschland erhebliche wirtschaftliche Kraft schöpft.

In der Finanzkrise war der Euro ein wichtiger Schutzschirm. Der Euro hat die Kosten von Währungsschwankungen innerhalb des Euro-Raums beseitigt und die Menschen und Unternehmen vor kostspieligen Ausschlägen an den Devisenmärkten geschützt, die vor der Währungsunion in einigen Ländern das Vertrauen untergruben, Investitionen hemmten und wirtschaftliche Instabilität verursachten.

Die Erfolgsgeschichte des Euro zeigt sich auch daran, dass immer mehr Länder der Wirtschafts- und Währungsunion beitreten: Der Euro-Raum wuchs von elf auf inzwischen 19 Staaten. Im Jahr 2018 unterstützten 74 Prozent der Europäerinnen und Europäer eine europäische Wirtschafts- und Währungsunion mit einer einheitlichen Währung, dem Euro. Die Zustimmung war noch nie größer.istig – zurück in die Nettozahlerländer oder die dortigen Verbraucher profitieren von Zahlungen im Agrarbereich. (Europäische Kommission)

 

Die EU hat uns die gute alte Glühbirne weggenommen

Manche trauern ihr immer noch hinterher: der guten alten Glühbirne. Grund, noch einmal genauer hinzuschauen: Wie war das nochmal mit dem EU-Glühbirnenverbot? Die Idee kam aus Deutschland.

Es war die Bundesregierung, die 2007 die Idee hatte, aus Klimaschutzgründen die Glühbirne abzuschaffen. Denn Glühbirnen sind extrem ineffizient: sie wandeln nur fünf Prozent der verbrauchten Energie tatsächlich in Licht
um, der Rest verpufft als Wärme. Im Gegensatz dazu verbrauchen Energiesparlampen drei Viertel weniger Energie. Dafür gab es in der Praxis eine breite Zustimmung in der EU: Die EU-Staaten nickten das Verbot ab, und
auch das EU-Parlament stimmte dafür. Es war also keineswegs ein Alleingang durch „Brüssel“. Am 1. September 2009 kam das Aus für die Glühbirne - und in Deutschland herrschte Weltuntergangsstimmung.

Schlechte Energiesparlampen?
Die oft vorgebrachten Einwände gegen Energiesparlampen stimmen aber gar nicht. Gegner verweisen auf das giftige Quecksilber in Energiesparlampen. Dieses Gift ist allerdings nur in minimalen Mengen in den Lampen enthalten
und bruchsicher verpackt. Außerdem verursachen auch Kohlekraftwerke Quecksilber. Ohne Energiesparlampen müssten die Werke noch mehr Strom produzieren, wodurch indirekt auch mehr Gift in die Umwelt käme -
nämlich mit den klassischen Glühbirnen fast doppelt so viel. Anders als die Anfängermodelle erstrahlen neue LEDs und andere Energiesparlampen heute in warmem Licht – denn nicht zuletzt hat das Verbot der ineffizienten Glühbirne auch dazu geführt, dass bei der Entwicklung der Alternativen in den vergangenen Jahren viel voran ging. Ganz selbstverständlich läuft die Umstellung von der Glühbirne auf die neuen Lampen übrigens in anderen Ländern wie den USA oder Australien.


Eine Erfolgsgeschichte!
Entgegen aller Kritik gilt das Glühbirnen-Aus inzwischen als Erfolgsgeschichte. Jeder Haushalt spart dank der Energiesparlampen im Schnitt 25 Euro Stromkosten pro Jahr ein. Das ist gut für die Umwelt: Der Stromverbrauch bei der Haushaltsbeleuchtung ist europaweit zwischen 2008 und 2015 um rund ein Viertel zurückgegangen. Das Glühbirnenverbot war übrigens nur einer von vielen Beschlüssen, die darauf zielten, den Stromverbrauch zu senken, damit die EU die selbst gesteckten Klimaschutzziele auch erreicht. Grundlage dafür ist die Ökodesign-Richtlinie, auf deren Basis auch das Glühbirnenverbot entstanden ist. Sie ist aber nicht Ausdruck des bürokratischen Wahns, sondern soll einfach
helfen, die europäischen Ziele beim Klimaschutz zu schaffen. Die Richtlinie sorgt für effizientere Haushaltsgeräte und eine klare Kennzeichnung zum Energieverbrauch. Das ist im Sinne der Verbraucher

 

Die absurdesten Mythen: Von Alm-Kühen über Kitakuchen bis hin zu Topflappen

Manche Mythen sind so skurril, dass man gar nicht verstehen kann, dass irgendjemand daran glaubt. Und doch gibt es sie, die Gerüchte, dass die EU neue Vorschriften über Windeln für Alm-Kühe oder Zutatenlisten für Kuchen
in Kitas erlassen hat. Immer gilt: besser noch einmal nachfragen, als alles glauben, was über „die EU“ zu lesen ist. Ein Auszug der absurdesten Mythen der vergangenen Jahre:

Windeln für Kühe?
Müssen Kühe bald Windeln tragen? Diese Frage geisterte 2014 durch die deutschen Medien. Grund dafür war ein Protest des bayerischen Bauernverbandes unter dem Motto „Windeln für Alm-Kühe“, bei dem anscheinend
eine neue EU-Verordnung absichtlich falsch verstanden wurde. So wollte die EU-Kommission in Brüssel lediglich regeln, wie viel Dünger künftig auf Hanglagen ausgebracht werden dürfte. Hintergrund dafür waren die zu hohen
Nitratwerte im Grundwasser. Allerdings war niemals die Rede davon, dass Kühe ihr Geschäft nicht mehr auf der Alm machen dürfen.

Keine Kuchenbasare mehr in Kitas?
2014 fürchteten die Kitas und Schulen um ihre Kuchenbasare. So geisterte das Gerücht durch die Medien, die EU wolle Eltern verbieten, Kuchen in Schulen oder Kindertagesstätten mitzubringen, ohne die Zutatenliste vorzulegen. Zwar gibt es tatsächlich eine EU-Verordnung, die verlangt, alle Inhaltsstoffe offen zu legen, um beispielsweise Allergikern das Leben zu erleichtern - allerdings betrifft dies ausdrücklich nur Unternehmen. Die Lebensmittelverordnung nimmt Kuchenbasare oder ähnliche Veranstaltungen aus.

Das Aus für Achterbahnen?
Achterbahnen und Karussells droht wegen neuer EU-Vorschriften der Stillstand – das fürchteten 2015 deutsche Schausteller. Grund dafür war angeblich die europäische Sicherheitsnorm „DIN EN 13814“, die genaue Vorschriften
für die Sicherheit von „fliegenden Bauten“ auf Jahrmärkten und Vergnügungsparks festlegt. Da die Menschen in Europa in den vergangenen Jahrzehnten dicker geworden seien, müssten alle Fahrgeschäfte nun statisch überprüft und
angepasst werden – und die EU sei schuld. Das stimmte nicht. Zum einen werden europäische Normen nicht von der EU entwickelt, sondern von Normungsinstituten. Technische Vorschriften zur Sicherheit von Karussells sind zudem grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten. Sie können eine Norm für verbindlich erklären - das liegt aber ganz allein im Ermessen des jeweiligen Staates, also zum Beispiel Deutschlands. Die hier heißdiskutierte Norm enthielt außerdem eine Bestandsschutz-Klausel für Karussells, die sich schon länger drehten.

Verbietet die EU unseren Kindern die Buntstifte?
Die EU-Kommission verbietet Buntstifte und Wasserfarben - so lautete im Januar 2017 eine empörte Schlagzeile in der deutschen Presse. Tatsache ist, dass die EU-Staaten selbst die Grenzwerte für Blei in Spielzeug - und nicht
nur in Stiften und Wasserfarben - verschärfen wollten. Aus gutem Grund: neue wissenschaftliche Erkenntnisse hatten gezeigt, dass Blei gerade für Kinder giftiger ist, als man viele Jahre glaubte. Schon kleine Mengen Blei
können das Nervensystem und die Muskulatur schädigen. In der Praxis konnte von einem Verbot aber keine Rede sein, denn der allergrößte Teil der Buntstifte und Farben auf dem Markt erfüllte die neuen Grenzwerte bereits.

Müssen unsere Zoos wegen der EU ihre Kleinhirsche den Löwen zum Fraß vorwerfen?
Der Leipziger Zoo müsse wegen einer EU-Verordnung seine vier chinesischen Kleinhirsche schlachten und an die Raubtiere verfüttern – so stand es 2017 in großen Lettern überall. Fakt ist, dass die Europäische Union erstmals eine Liste mit 37 Pflanzen- und Tierarten erstellt hatte, die sich nicht außerhalb ihres Ursprungsraumes ausbreiten sollen, weil sie eine Gefahr für die heimische Tier- und Pflanzenwelt in Europa darstellen. Dazu gehörten auch die chinesischen Kleinhirsche (Muntjaks). Allerdings war keineswegs vorgeschrieben, dass die Tiere geschlachtet werden müssten: jeder Zoo kann die Tiere bis zu deren natürlichem Tod behalten. Er muss nur sicherstellen, dass sie sich nicht vermehren und nicht aus dem Zoo entkommen können.

 

 Weitere Mythen finden Sie unter: https://germany.representation.ec.europa.eu/document/download/e175c65b-2ec2-4af5-8766-bf12e5c9e5b9_de?filename=EU-Mythen